Die Kinder der Flucht: Dreiteiliges Doku-Drama über die Vertreibungen Ende des Zweiten Weltkrieges.
Doku-Dramen über bedeutende Eckpunkte der deutschen Geschichte sind mittlerweile so etwas wie ein Markenzeichen des ZDF geworden. Gerade die Kooperation zwischen Regisseur Hans-Christoph Blumenberg und Produzent Ulrich Lenze hat für einige Höhepunkte gesorgt („Deutschlandspiel“, „Der Aufstand“).
Auch der Dreiteiler „Die Kinder der Flucht“ folgt dem bewährten Rezept: Blumenberg (Buch und Regie) kombiniert rekonstruierte Szenen mit dokumentarischen Aufnahmen sowie Gesprächen mit Zeitzeugen. Wo anderswo unbekannte Gesichter in die Rolle des kleinen Mannes schlüpfen, hat Blumenberg jedoch gestandene Schauspieler besetzt (zum Auftakt unter anderem Maja Maranow, Karl Kranzkowski und Eva-Maria Hagen). Dank seiner Erfahrung als Regisseur fällt die Spielebene natürlich ganz anders aus als in den Filmen von Dokumentarfilmautoren, bei denen diese Szenen stets wie Lückenfüller wirken. Und doch sind es die beiden Hauptfiguren und ihre wundersame gemeinsame Geschichte, die den Auftaktfilm „Eine Liebe an der Oder“ so sehenswert machen.
Als die Russen 1945 die ostbrandenburgische Stadt Bärwalde einnehmen, wird die junge Elvira (Anna Brüggemann), Tochter eines Fabrikanten, zur Zwangsarbeit nach Sibirien deportiert. „Tausend Jahre“ stellt ihr eine grimmige Aufseherin in Aussicht. Als sie schon nach neun Monaten in ihre Heimat zurückkehren darf, hat Bärwalde neue Herren: Umgesiedelte Polen leben jetzt in der kleinen Stadt. Elvira verliebt sich in den jungen Fortek (Adrian Topol), doch bald darauf muss sie mit ihrer Familie erneut Bärwalde verlassen. Fortek wird sie erst fünfzig Jahre später wiedersehen.
Oft stehen in Filmen dieser Art Spielszenen und Interviews wie Fremdkörper nebeneinander. Blumenberg aber gelingt eine überaus harmonische Kombination. Die Erinnerungen der echten Elvira und des echten Fortek geben den Figuren eine Art inneren Monolog; auf diese Weise braucht Blumenberg Hintergründe, Historie und die Gefühle des Paares nicht umständlich im Kommentar erklären zu lassen. Selbst große Momente, als Elviras Vater von den Sowjets als „Volksschädling“ hingereichtet werden soll und im letzten Moment dank der Fürsprache seiner polnischen Arbeiter verschont wird, fallen zwar ergreifend, aber nur gemäßigt pathetisch aus. In den beiden weiteren Filmen geht es um das Schicksal von Kindern aus Ostpreußen („Wolfskinder“) und Schlesien („Breslau brennt!“). tpg.