Young Victoria: Die jungen Jahre von Königin Victoria erzählt Jean-Marc Vallée in einem üppig ausgestatteten Historiendrama mit einer bezaubernden Emily Blunt in der Titelrolle.
Aufwändiges Coming-of-Age-Drama um die Romanze zwischen Prinz Albert und Königin Victoria, die Emily Blunt zu neuem Leben erweckt.
Royale Skandale sind Spezialität des britischen Königshauses. Da war Wallis Simpson, bürgerliche Amerikanerin, die Edward VII. dermaßen den Kopf verdrehte, dass er kurzerhand abdankte, um die Angebetete zu heiraten. Nicht zu vergessen Prinzessin Margaret und ihr geschiedener Rittmeister oder die tragische Lady Di, die Prinz Charles zumindest am Telefon betrog. Aber es gab auch himmlische Romanzen, ganz Sissi und Franz Joseph, die dann entsprechend tragisch endeten. Etwa die 21 Jahre andauernde Ehe zwischen Victoria und ihrem Cousin Prinz Albert, den der Typhus-Tod 42-jährig jäh aus dem Leben riss. Vielleicht Grund dafür, dass die eiserne Victoria, nach der ein ganzes Zeitalter benannt ist, auf Porträts immer grimmig schaut, so wie Judi Dench in John Maddens „Ihre Majestät Mrs. Brown“.
Nun hat sich mit Jean-Marc Vallées ein weiterer kanadischer Filmemacher der ebenso eigenwilligen wie gestrengen Persönlichkeit angenommen, in „Young Victoria“ die frühen Jahre der Monarchin beleuchtet und aus ihr eine strahlende, gar heitere Schönheit gemacht. Die wunderbare Emily Blunt („Wolfman“) spielt sie als moderne Frau, intelligent, selbstbewusst und selbstbestimmt, der Regisseur legt den Film wie schon seinen hoch gelobten „C.R.A.Z.Y. - Verrücktes Leben“ als Initiations-Drama an. An dessen Anfang steht die Intrige: Die Mutter (Miranda Richardson), Herzogin von Kent, versucht, manipuliert von ihrem „Berater“ Sir John Conroy (furchteinflößender Sanguiniker: Mark Strong), die Tochter an der Thronfolge zu hindern - gegen den Willen von König William IV., Victorias Onkel, den Jim Broadbent wunderbar verschmitzt und witzig mit Leben füllt. So weit der „historische“ Hintergrund, der eigentlich nur die Klammer bildet für die Liebesgeschichte, die das Herzstück des akkuraten Skripts von Julian Fellowes („Gosford Park“) ausmacht.
Auftritt Peter Albert Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha, schneidiger Edelmann mit blondem Moustache, den Rupert Friend („Chéri - Eine Komödie der Eitelkeiten“) mit viel Stolz und wenig Vorurteil gibt und von dem die Königin in spe laut Tagebuchaufzeichnung sogleich „bezaubert“ ist. Miteinander tanzen sie in den Himmel hinein, bekämpfen gemeinsam die Ränkespiele des machiavellischen Lord Melbourne (Charmeur: Paul Bettany) und geraten dabei selbst häufig aneinander. Worte werden wie Floretthiebe gesetzt, mancher Blick wirkt tödlicher als ein Schlangenbiss. Doch man wahrt die Contenance, Etikette regiert, was sich auch im erlesenen, Oscar-prämierten Kostümbild Sandy Powells niederschlägt.
Very british ist dieses opulente Biopic, dieses aufwändige Schaustück, das von Sarah Ferguson, einem anderen enfant terrible des britischen Königshauses initiiert wurde. Sie sieht eine starke Parallele zwischen ihrem Leben und dem Victorias - mag sein. Sicher ist, dass sie ebenso durchsetzungskräftig ist wie ihre „Seelenverwandte“: 15 Jahre kämpfte sie um dieses Projekt und kein geringerer als Martin Scorsese firmiert als einer ihrer Mitproduzenten. geh.