Mobbing: TV-Familiendrama um Psychoterror am Arbeitsplatz nach dem Roman "Mobbing" von Annette Pehnt.
Herausragend gespielte, glaubwürdig umgesetzte Roman-Adaption, die das brisante Thema mit größtmöglicher Sensibilität anpackt.
Keinen Zweifel an seiner Thematik lässt dieses beklemmende Fernsehdrama bereits in seinem Titel aufkommen - realisiert wurde es von der für ihre substanziellen Arbeiten bekannten Münchner Produktionsfirma Claussen+Wöbke+Putz, gedreht wurde zum Teil an Originalschauplätzen der oberbayerischen Domstadt Freising. „Mobbing“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Annette Pehnt, die von der Kritik insbesondere für ihre eindringliche Herangehensweise an dieses hochaktuelle Gesellschaftsproblem gelobt wurde. Nun kann man der Regisseurin Nicole Weegmann und dem Autorenpaar Eva und Volker A. Zahn, die bereits bei der mehrfach prämierten WDR-Produktion „Ihr könnt Euch niemals sicher sein“ kooperierten, nur zu ihrer Umsetzung gratulieren. Denn wie das Buch geht auch der Film höchst feinfühlig mit der ebenso prekären wie unerwarteten Situation um, in der sich der Verwaltungsangestellte Jo eines Tages wiederfindet. Weil die neue Chefin seine Arbeit alles andere als zu schätzen weiß, beginnt diese, zunächst seinen Büroalltag, dann sein Ego und schließlich sein ganzes Leben systematisch zu torpedieren. „Mobbing“ zeigt jedoch nicht die Aktionen - so bleibt die Chefin bis zum Ende ein Phantom namens Dr. Elke Schulz, über das nur gesprochen wird - sondern konzentriert sich auf die Auswirkungen, die der Verlust des Arbeitsplatzes und die Zerstörung des Selbstwertgefühls mit sich bringen. Besonders im Fokus: Jos Frau Anja, die in dieser schweren Zeit Verantwortung übernimmt, sich nicht nur um Haushalt, das Baby und den frisch eingeschulten Sohn, sondern auch um ihren angeschlagenen Mann kümmert. Während Susanne Wolff die Rolle der starken, selbstbewussten Frau, die bereit ist, für ihre Familie zu kämpfen, mit großer Überzeugung gibt, fasziniert Tobias Moretti mit einer ebenso großartigen Performance, bei der er den schrittweisen Verfall seiner Figur mit wenigen Nuancen, kleinen aber wirkungsvollen Gesten dokumentiert. Dass die teils unglaubliche Story stets nachvollziehbar bleibt, dafür sorgen auch authentische Nebenfiguren wie etwa der beste Freund Markus (Andreas Lust), der eines Tages kündigt und Jo so im Stich lässt, Jos herrische Mutter (Krista Stadler), die für ihre Schwiegertochter stets einen „aufmunternden“ Spruch („Hast du zugenommen?“) parat hat, oder Erstklässler Felix, der sich, als es dem Vater richtig schlecht geht, die Frage erlaubt: „Muss Papa jetzt sterben?“ Untermalt von sanften, melancholischen Pianoharmonien kreiert der Grimme- und Fernsehpreis-dekorierte Kameramann Andreas Fischerkoesen dazu die adäquaten Bilder - oft geht er dabei auf Distanz zu seinen Darstellern, beobachtet aus dem Nebenraum oder filmt durch Fensterglas nach draußen, etwa wenn Moretti nachts apathisch in der Schaukel sitzt, was dessen Hilf- und Ausweglosigkeit manifestiert. Auch sonst überlässt Weegmann in ihrem Film nichts dem Zufall, sie setzt auf einfache, klare Symbolkraft, so fällt Moretti in einem archaischen Akt den Baum im Vorgarten, um so längst verlorene Macht und Kontrolle zu demonstrieren. Schließlich setzt sie David Bowies Klassiker „Heroes“ leitmotivisch ein, um immer wieder an die heldenhaften, die glorreichen Tage des Protagonisten zu erinnern.
Ein Film, der seinem komplexen Thema jederzeit gerecht wird, ohne sich von dessen Schwere erdrücken zu lassen. lasso.