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Eisenfresser

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Eisenfresser: Bei der Resteverwertung der Zivilisation - der Tankerdemontage in Bangladesch etwa - sind Menschenleben nicht viel wert, wenn arme Tagelöhner gefährlichen Frondienst verrichten. Ausbeutung aus Prinzip sollte das Motto der geradezu höhnisch PHP - Peace, Happiness, Prosperity - genannten Abwrackwerft an den Stränden von Chittagong lauten, wo Regisseur Shaheen Dill-Riaz aufgewachsen ist und für seine imposante Dokumentation...

Poster

Eisenfresser

Handlung und Hintergrund

Vor über 20 Jahren strandete ein riesiger Tanker an der Küste von Chittagong im Süden Bangladeschs - ein „Gottgeschenk“ für die Bevölkerung. Seitdem hat sich eine ganze Schrottindustrie entwickelt, in der in über 30 Abwrackwerften alte Schiffsgiganten zerlegt werden - unter mörderischen Bedingungen. Auch die Männer zweier Saisonarbeiterfamilien aus dem völlig verarmten Norden des Landes haben keine Wahl: Wie Tausende andere brauchen sie den kargen Lohn.

Mit primitiven Werkzeugen zerlegen todesmutige Arbeiter die Schrottgiganten der Zivilisation und bezahlen die gefährliche Arbeit nicht selten mit dem Leben. Am Ort seiner Kindheit schildert Dokufilmer Shaheen Dill-Riaz den Lohn der Angst einer archaischen Resteverwertung.

Darsteller und Crew

  • Shaheen Dill-Riaz
    Shaheen Dill-Riaz
  • Kathrin Lemme
  • Michael Weihrauch
  • Andreas Zitzmann
  • Eckart Gadow

Bilder

Kritiken und Bewertungen

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Kritikerrezensionen

    1. Der Dokumentarfilmer Shaheen Dill-Riaz schaut in der deutschen Produktion „Eisenfresser“ den Arbeitern auf einer Abwrackwerft in seiner Heimat Bangladesch über die Schulter. Hautnah begleitet er die Männer bei ihrer Knochenarbeit und hält mit seiner Kamera haarsträubende Situationen fest. Die in der Landessprache „Eisenfresser“ genannten Arbeiter hausen in überfüllten Baracken und bekommen nach vier Monaten fast den ganzen Lohn für die verbrauchten Lebensmittel abgezogen.

      Die Werft, auf der Shaheen Dill-Riaz im Jahr 2005 mehrere Monate lang drehte, heißt PHP, was für Peace, Happiness and Prosperity steht. Der frühere Werftbesitzer und Vater des jetzigen Chefs hält auch einen kleinen Vortrag darüber, was die Werft ihren Arbeitern alles biete – nicht zuletzt die Erfahrung, gebraucht zu werden. Sein Sohn wiederum erklärt, dass die Werftbesitzer die anliegenden Dörfer für die benötigten Strandgebiete entschädigen müssen. Also beschäftigen sie ein paar Männer aus dem Dorf als Subunternehmer, die jeweils für eine Gruppe von Arbeitern zuständig sind.

      Die Saisonkräfte aus dem Norden marschieren in Kolonne barfuß über gigantische Schrotthalden oder durch kniehohen Schlamm, die schweren Stahlseile auf den Schultern. Seilwinden ziehen die Ozeanriesen oder ihre Reste näher an den Strand, wobei immer wieder Seile reißen und die Umstehenden in Lebensgefahr bringen. Die Schweißer wiederum tragen weder Schutzbrillen, noch sind ihre Arbeitsstellen im Inneren der Schiffe gesichert. Ölreste verursachen nicht selten Brände mit giftigen Dämpfen.

      Die Männer, die sich am Ende eines anstrengenden Tages in ihren Baracken unterhalten, sehen ihre Lage mit einer Mischung aus Selbstironie und Resignation: Wer hier arbeite, der habe eben keine andere Wahl. Der Filmemacher, der im deutschen Off-Kommentar in die Thematik einführt und das Geschehen auch weiter erläutert, sieht sich im Norden Bangladeschs in den Heimatdörfern der Saisonarbeiter um, begleitet sie im Bus nach Chittagong, lauscht ihren Gesprächen.

      So lernt man allmählich die einzelnen Arbeiter besser kennen, ihren erstaunlichen Humor, ihre Angst vor den Subunternehmern. Die im Büro vorsprechenden Männer nehmen es eingeschüchtert hin, dass sie am Ende der Saison statt des erhofften Geldbetrages nur ein paar arrogante Worte erhalten. Draußen aber entlädt sich ihr Zorn, und in seinem Dorf im Norden bricht einer der ohne Geld heimgekehrten Familienväter in Tränen aus. Während sich diese Männer wie in einem Spielfilm charakterlich konturieren, ihre Konflikte sich dramatisch zuspitzen, offenbart sich gleichzeitig ihre soziale Rechtlosigkeit.

      Fazit: Hautnah gefilmte, emotional berührende Sozialstudie vom Alltag auf einer Abwrackwerft in Bangladesch.
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    2. Bei der Resteverwertung der Zivilisation - der Tankerdemontage in Bangladesch etwa - sind Menschenleben nicht viel wert, wenn arme Tagelöhner gefährlichen Frondienst verrichten.

      Ausbeutung aus Prinzip sollte das Motto der geradezu höhnisch PHP - Peace, Happiness, Prosperity - genannten Abwrackwerft an den Stränden von Chittagong lauten, wo Regisseur Shaheen Dill-Riaz aufgewachsen ist und für seine imposante Dokumentation zurückkehrt. Seit vor über 20 Jahren im Sturm ein Öltanker strandete, hat sich eine ganze Industrie entwickelt, die alte Schiffskolosse ausschlachtet. Das losgeschweißte Alteisen deckt heute fast den gesamten Bedarf des Landes, wie der Regisseur aus dem Off kommentiert. Klein wie Ameisen wirken die Menschen, die unter primitivsten Bedingungen gigantische Ozeanriesen in verwertbare Einzelteile zerlegen und barfuß durch den knöcheltiefen Schlick waten, oder über den Schrottplatz aus nichts als rostigem Altmetall klettern. Ihr Lebensgefühl beschreibt ein Satz prägnant: „Entweder man wirft sich vor den Zug, oder man macht hier weiter.“ Anders als im kunstvollen Essay „Workingman’s Death“ stirbt hier nicht die Arbeit, sondern der Saisonarbeiter aus - an den lebensgefährlichen Bedingungen seines gesundheitsruinierenden Knochenjobs. Ein genaues und umfassendes Bild der betrieblichen Strukturen entwirft Dill-Riaz, vom bettelarmen Überlebenskünstler und seinem Traum vom Auskommen bis hoch in die Chefetagen der Profiteure und Halsabschneider, die ihm den Lohn vorenthalten. Jedem gibt er ein menschliches Antlitz, aber seine unaufdringliche Sympathie gilt denjenigen am untersten Ende der Nahrungskette. Was er findet, ist menschenverachtende Profitgier ohne die geringsten Sicherheitsstandards, was dem Blick in den Manchesterkapitalismus der Frühzeit gleicht, oder - alternativ - der Hölle, der diese archaische Welt erschreckend nahe kommt. Dill-Riaz lässt sich nicht zu großen Gesten hinreißen. Was er in einprägsamen Bildern findet, braucht keinen Verstärker, um zu beeindrucken - egal ob riesige Schiffstrümmer, oder die Todesverachtung der stillen Verzweifelten. Das Lumpenproletariat - genannt „Eisenfresser“ - singt sein eigenes Lied. Die Menschen sind sich der drückenden Schulden und gnadenlosen Ausnutzung nur allzu bewusst, aber trotz Wut im Bauch haben sie keine Chance, dem Verhängnis zu entkommen. Dieses ausgeklügelte System seziert Dill-Riaz und stellt das Leben moderner Sklaven nachdenklich vor.

      tk.
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      1. Die Früchte des Meeres sind für viele Menschen in Bangladesh nicht mehr Fisch, sondern ausgemusterte Tanker und Containerschiffe. Wie gewaltige Walfische liegen die Eisengiganten gestrandet in Abwrackwerften am Golf von Bengalen, werden von Tausenden Saisonarbeitern mit primitivsten Mitteln filettiert und zerlegt. Eine mutige, beeindruckende Recherche an einem der ungewöhnlichsten, härtesten und brutalsten Arbeitsplätze der Welt. Imposante und archaische Bilder.

        Jurybegründung:

        Die Früchte des Meeres sind für viele Menschen in Bangladesh heutzutage nicht mehr Fisch, sondern ausgemusterte Tanker und Containerschiffe. In Abwrackwerften zerlegen tausende Saisonarbeiter aus dem bettelarmen Norden des Landes die Ozeanriesen - und das ohne jegliche Sicherheitsmaßnahmen für die eigene Gesundheit und die Umwelt.

        Regisseur Dill-Riaz verschafft einen vertieften Einblick in die sozialen Abhängigkeiten der Arbeiter, die man wegen ihrer finanziellen Abhängigkeiten eher als moderne Sklaven bezeichnen sollte. Die teilweise sogar stimmungsvollen Bilder ergeben aber auch einige zu sehr romantisierende Momente, welche der realen Welt der ausgebeuteten und nicht selten innerlich gebrochenen Männer nicht gerecht wird. Die trotz der Dichte der Aufnahmen von der FBW-Jury gefühlte Länge macht deutlich, dass die Geschichte der als „Eisenfresser“ bezeichneten Lohnsklaven auch wesentlich kürzer hätte erschöpfend abgehandelt werden können. Das Herausgreifen und intensivere Begleiten von zwei oder drei Arbeiterschicksalen hätte dem dritten Dokumentarfilm von Dill-Riaz noch ein Mehr an Tiefenschärfe und nachdenklicher Spannkraft verliehen.

        Insgesamt freilich gewährt der unter schwierigen Bedingungen entstandene Film einen faszinierenden und teilweise erschütternden Blick in eine verborgene Welt, wirkt außerordentlich nah und dicht. Etwa wenn die fliegengewichtigen Arbeiter eine gerade mit Schweißbrennern ausgeschnittene, noch heiße Stahlplatte mit rauen Rändern nur auf ihren Schultern quer über die Werft zu einem Lastwagen schleppen und sich dabei für die schwere und gefährliche Last mit einem Singsang gegenseitig anfeuern. Imposant und archaisch wirken viele Bilder: die riesigen Schiffsketten, die großen Schiffsteile, die gewaltigen Schiffsrümpfe, die gefährlichen Arbeitssituationen.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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