Dido Elizabeth Belle: Erlesen gestalteter Historienfilm über eine Mulattin, die im England des 18. Jahrhunderts ihren Platz in der Gesellschaft und sich selbst sucht.
Eine Mulattin sucht in Amma Asantes erlesen gestalteten Historienfilm im England des 18. Jahrhunderts ihren Platz in der Gesellschaft und sich selbst.
Eine Art Schwesterfilm zu Steve McQueens „
12 Years a Slave“ hat Amma Asante, die vor knapp zehn Jahren mit „A Way of Life“, einem Drama um eine alleinerziehende Teenagermutter debütierte, mit ihrer zweiten Regiearbeit „Belle“ inszeniert. Ihr Historienfilm, frei nach wahren Begebenheiten, entführt ins ewig beliebte „
Austenland„, interessiert sich jedoch weniger für aristokratische Salongepflogenheiten, sondern erzählt - vor dem Hintergrund eines wegweisenden Rechtstreits in Sachen britischem Sklavenhandel - von der Selbstfindung einer jungen Mischlingsfrau.
1769 gibt Captain John Lindley, seine Tochter Dido Elizabeth Belle, illegitimer Spross aus dessen Beziehung mit einer afrikanischen Sklavin, in die Obhut von Lord Mansfield (Tom Wilkinson) und dessen Gattin (Emily Watson). Er verlangt, dass das Mädchen dieselbe Ausbildung bekommt wie ihre Halbcousine Lady Elizabeth. Diesem Wunsch wird - wenn auch zunächst widerwillig - entsprochen. Belle wächst mit ihrer Seelenschwester in einem goldenen Käfig auf, genießt sämtliche Privilegien der herrschenden Klasse, bleibt aber zeitlebens eine „anrüchige Mulattin“.
Anhand der eng miteinander verknüpften Schicksale von Belle (Entdeckung mit Star-Potenzial: Gugu Mbatha-Raw) und Elizabeth (Sarah Gadon) entwirft Asante, nach dem sorgfältig ausgearbeiteten Drehbuch von Misan Sagay, das Porträt einer Gesellschaft, die strengen Regeln und überkommenen Traditionen verhaftet ist. So wird der Wert einer Frau ausschließlich daran bemessen, welchem Stand sie angehört und wie viel Mitgift sie in die Ehe bringt. Belle ist zwar Dank ihres Erbes vermögend, besitzt aber schon wegen ihrer Hautfarbe nicht das Ansehen von Elizabeth, die sich wiederum ob ihrer Mittellosigkeit schwer tut, einen geeigneten Gatten zu finden.
Die Vorgaben des Films sind bekannt und bereits mehrfach im Kino thematisiert worden. Die Qualität liegt in dem Umstand, dass die Regisseurin es versteht, Problemkreise wie Rassismus, Kolonialismus und männliche Vorherrschaft mit leichter Hand, ohne erhobenen Zeigefinger zu untersuchen und zudem zeitbezogene politische Themen - Mansfield muss als oberster Richter grundsätzlich entscheiden, ob Sklaven im Versicherungsfall als Ware oder als Menschen zu behandeln sind - anspricht.
Wie bei einer BBC-(Ko-)Produktion üblich, sind die Schauwerte, vom Produktionsdesign über die Kostüme bis hin zu den herrschaftlichen Villen, exquisit. Kameramann Ben Smithard („
I, Anna„) liefert eher dunkle, wohl komponierte und sorgsam kadrierte Bilder, die Dialoge sind geschliffen, gerne hintersinnig und elegant. Und dass diese auch entsprechend dargeboten werden, dafür sorgt die erlesene Riege britischer Charakterdarsteller, zu der unter anderem Penelope Wilton als gutherzige Tante Mary und Miranda Richardson als boshafte Lady Ashford zählen. Ein Brit-Pic reinsten Wassers. Das gesagt, ist es auch wenig überraschend, wem Belle letztendlich ihre Gunst gewährt - zur Auswahl stehen der Adelige Oliver und Pastorensohn John. geh.