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Der Besucher

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Muukalainen: Düsteres Märchen, Drama oder Coming-of-Age- Geschichte, die durch formalen Minimalismus besticht.

Poster

Der Besucher

Handlung und Hintergrund

Finnland im frühen 20. Jahrhundert: Ein zehnjähriger stummer Junge lebt zusammen mit seiner Mutter inmitten der düsteren finnischen Wälder ein abgeschiedenes und einsames Leben. Der Vater ist mehr ein Fremder für die beiden, da er seit längerer Zeit im Gefängnis sitzt. Da taucht eines Tages ein unbekannter Mann mit einer Schusswunde auf dem Hof auf, um eine Nachricht des Familienvaters zu überbringen. Plötzlich ist für den Jungen nichts mehr wie vorher.

Darsteller und Crew

Regisseur
  • Jukka-Pekka Valkeapää
Produzent
  • Alain de la Mata,
  • Aleksi Bardy
Darsteller
  • Vitali Bobrov,
  • Emilia Ikäheimo,
  • Pavel Liska,
  • Jorma Tommila
Drehbuch
  • Jukka-Pekka Valkeapää,
  • Jan Forsström
Musik
  • Helena Tulve
Kamera
  • Tuomo Hutri
Schnitt
  • Mervi Junkkonen

Bilder

Kritiken und Bewertungen

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Kritikerrezensionen

    1. "Er bleibt eine Weile hier", lautet der erste Satz in dieser finnisch-deutsch-englisch-estnischen Co-Produktion, welcher erst nach siebzehn Minuten fällt. Ohnehin wird nur wenig gesprochen in der düsteren Parabel um einen Fremden, der den geregelten, aber eher von gegenseitiger Distanz geprägten Alltag einer allein erziehenden Frau und ihres zurück gezogenen Kindes aus dem Lot bringt. Am meisten redet noch der verbitterte, gewalttätige Vater, der mit Eisenketten an den Handgelenken in einem entfernten Gefängnis sein Dasein fristet. Der mysteriöse Besucher, besetzt mit „Dorflehrer“ Pavel Liska, entpuppt sich als Bekannter oder gar Zellengenosse des inhaftierten Familienoberhauptes, der auf die Entwicklung in seinem Haus mit zunehmendem Misstrauen reagiert. Doch die Zusammenhänge zwischen den Charakteren, ihre Vorgeschichte, Beziehungen, Geheimnisse und ihr Schicksal bleiben offen. Erklärungen werden kaum offenbart. Vielmehr setzt der finnische Regisseur Jukka-Pekka Valkeapää in seinem Debüt auf die Kraft der Bildkompositionen, auf eine leicht surreale Stimmung, Geräusche und eine Unheil verheißende Cello-Musikuntermalung sowie gelegentlichen Panflöten-Einsatz.

      Valkeapää greift zu Sprüngen, Ellipsen und Brüchen, um eine düster-mysteriöse Atmosphäre zu kreieren. Stärker als Erklärungen interessieren ihn stimmungsvolle Details, welche die Kamera in Großaufnahmen einfängt. Je nach Befinden der Charaktere wirkt die Natur entweder vertrauenserweckend oder bedrohlich. Häuserruinen unterstreichen den zunehmenden Rückzug der Zivilisation vor den zerstörerischen Kräften der Natur, denen ein angeschlagenes Individuum wie der Fremde letztlich ausgeliefert ist. Von Beginn an stehen verstörende Aufnahmen von (toten) Tieren für Gefahr, Verwesung und dem Aufbrechen der zwischenmenschlichen Kommunikation: Ein zersprungenes Ei mit einem toten Küken, Würmer in der Wunde des Fremden, (etwas zu oft) schwarze Raben am Himmel oder Fensterrahmen, ein verendetes Pferd, das aus Angst floh, oder erschlagene Hühner im Stall zeigen das Aufbrechen der vertrauten Ordnung an.

      In einem geheimen Versteck unter den Dachbodendielen richtet sich der Junge eine Refugium ein. Hier hortet er seine Fundstücke wie ein Ei, eine Vogelfeder oder das kleine, geheimnisvolle Kästchen, das er dem Vater regelmäßig überreicht. Von hier aus erspäht der kleine Voyeur durch eine Bretterritze das Bett seiner Mutter, worin bald darauf der Besucher liegt. Immer wieder nimmt die Kamera die Position des versteckten Beobachters durch Öffnungen, Türspalten oder Fenster ein als Sinnbild für die Distanz, die der Junge zu den Erwachsenen aufbaut. Als er sich zu öffnen beginnt, ist es längst zu spät. Seine Zuneigung zum Fremden oder dem Vater erweist sich als Enttäuschung. Hoffnung gibt es letztlich für keine der Figuren.

      Trotz oder aufgrund der kraftvollen Einstellungen wirkt die Inszenierung auf Dauer etwas aufdringlich und überladen. Es bleibt nicht aus, dass sich einige akustische und optische Effekte wiederholen. Aber letztlich kann man sich der Kraft der herbstlichen und winterlichen Einstellungen nicht entziehen.

      Fazit: Visuell eindrucksvolle, mitunter überstilisierte Schauermär, die ihre Geheimnisse nicht völlig preis gibt und deren detailreiche Bilder die Leinwand brauchen.
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    2. Der Besucher: Düsteres Märchen, Drama oder Coming-of-Age- Geschichte, die durch formalen Minimalismus besticht.

      Märchen, Drama oder Coming-of-Age-Geschichte. Jukka-Pekka Valkeapääs Spielfilmdebüt lässt viele Deutungen zu und besticht durch formalen Minimalismus.

      Ein etwa zehnjähriger Junge bewirtschaftet zusammen mit seiner Mutter einen kleinen verfallenen Bauernhof tief in den finnischen Wäldern. Arbeit bestimmt den Tagesablauf: Wasser wird in Eimern aus dem Brunnen hochgezogen, das Pferd versorgt, Hühnereier werden eingesammelt, Kartoffeln geschält. Wortlos sitzen die beiden am Essenstisch, kommunizieren dennoch - es ginge auch nicht anders, denn der Bub ist stumm. Ob er nicht reden kann oder nur nicht will, wird nie thematisiert. Vielleicht hat ihm ein Trauma die Stimme verschlagen, eine Tat, die der gewalttätige Vater begangen hat, der weit entfernt im Gefängnis sitzt und den der Bub regelmäßig besucht und mit Tabak versorgt.

      Minimalismus in Wort und Bild ist beim Spielfilmdebüt des Finnen Jukka-Pekka Valkeapää angesagt, der 2003 mit seinem prämierten Kurzfilm „The Fall“ international auf sich aufmerksam machte. Mit wenigen sorgfältig komponierten Bildern etabliert der Regisseur seine Geschichte, bildet mit Hilfe des feinfühligen Kameramannes Tuomo Hutri die triste, grau in graue Welt ab, in der sie spielt. Fahl sind die Farben, stets ist der Blick durch Bäume verstellt. Immer wieder schüttet es in Strömen. Manchmal bedeckt eine Schneedecke die Landschaft. Die Feuchtigkeit ist spürbar, Schlamm macht das Gehen schwer. Besonders für die Frau mit ihrem steifen Bein - innere und äußere Verletzungen, wohin man schaut.

      Nach einer stummen ersten halben Stunde taucht „Der Besucher“ auf. Aus dem Regen kommt er, gebückt, im schwarzen Mantel, ein Hut tief im Gesicht. Er hat ein Loch im Leib, aus dem Maden kriechen. Die Frau mit den engelsgleichen silbrigen Haaren pflegt ihn gesund und kurz darauf liegt der Fremde bei ihr im Bett. Ein Grammophon kramt er hervor, legt eine verkratzte Platte auf, tanzt mit der Mutter über den Rasen. Das Kind (eindringlich: Vitali Bobrov) mit den großen Augen verliert den Boden unter den Füßen.

      Ein zeitloses Märchen erzählt Valkeapää, vom Bösen, das in eine heile Welt eindringt, für Chaos sorgt und wieder verschwindet. Der Junge ist am Ende kein Junge mehr, das Pferd tot und die Mutter wieder einsam. Und vor allem nichts ist jetzt mehr wie es einst war. Ein ungewöhnlich eindringlicher Film, irritierend, fremd, reizvoll und aufwühlend. geh.
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