Crashpoint - 90 Minuten bis zum Absturz: TV-Action-Thriller um den drohenden Aufschlag eines vollbesetzten Flugzeugs in Berlin.
„Thrill Time“ nennt ProSieben seine neue Montagsreihe mit Produktionen, die „an den Nerven zerren“ sollen. Den Auftakt macht ein Katastrophenfilm, der in der Tat seinesgleichen sucht: Die Geschichte um ein manövrierunfähiges Passagierflugzeug ist echtes Hochspannungsfernsehen.
Zunächst allerdings gehorcht „Crashpoint“ der für das Genre obligaten Maxime, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele der handelnden Personen einzuführen. Flugs lassen sich Duckmäuser, Großmäuler und Kotzbrocken identifizieren. Ein Steward outet sich als Homosexueller, was für den weiteren Handlungsverlauf allerdings völlig unerheblich ist. Das wenig gehaltvolle Geplänkel ist ein fast schon unwürdiges Vorspiel für einen Film, der sich komplett wandelt, als er endlich Flughöhe erreicht: Nun entpuppt sich „Crashpoint“ ohne Übertreibung als eines der spannendsten TV-Movies dieses Jahres.
Das Grundmuster der Geschichte ist überschaubar, aber gerade darin liegt der Nervenkitzel: Unmittelbar nach dem Start in Nizza kollidiert ein Passagierflieger mit einem Sportflugzeug. Kapitän und Kopilot (Peter Haber, Max von Pufendorf) haben keinerlei Einfluss mehr auf die Maschine. Sie wird so lange geradeaus weiterfliegen, bis der Sprit ausgeht; und das wird, wie die Berechnungen ergeben, exakt über Berlin sein. Während der stellvertretende Geschäftsführer (Devid Striesow) der Fluggesellschaft den Piloten zum kontrollierten Absturz überreden will, hat der zuständige Fluglotse (Hannes Jaenicke) eine möglicherweise rettende Idee. Im fieberhaften Wettlauf mit dem sicheren Tod versucht ein Elektroingenieur (Michael Grimm) mit Hilfe eines kleinen Jungen, die verklemmte Steuerung des Flugzeugs wieder flottzubekommen. Der deutsche Innenminister (Michael Brandtner) hat derweil zwei Kampfflugzeuge losgeschickt: Die Maschine ist zum Abschuss freigegeben.
Geschickt verknüpft das Drehbuch (Marc Hillefeld) den roten Faden mit den üblichen kleinen und großen Dramen, in deren Verlauf einige Passagiere über sich hinaus wachsen und andere zu tragischen Helden werden. Leider wirken einige Nebendarsteller geradezu laienhaft. Ihr übertriebenes Spiel steht in heftigem Kontrast zu den akzentuierten Auftritten von Bernadette Heerwagen oder Alexander Held. Um so fesselnder ist Thomas Jauch die Inszenierung des eher technischen Teils der Handlung gelungen: Der in viele einzelne Sequenzen aufgeteilte Kampf um das Flugzeug und somit ums Überleben ist nicht zuletzt dank eines flotten, aber nie hektischen Schnitts (Dagmar Lichius) sowie der Thriller-Musik von Stephan Massimo ungemein dynamisch. Daher ist „Crashpoint“ trotz der beschriebenen Schwächen großartiges Action-Fernsehen, zumal es Jauch gelingt, die Spannung bis zum hochdramatischen Finale immer wieder zu steigern. tpg.