Juan Villegast, Spitzname Coco. Das erste hervorstechende Merkmal sind von Lachfalten umgebene traurige Augen. Wirkt er im ersten Moment müde und resigniert, sitzt ihm plötzlich der Schalk im Nacken. Mal ist er bestechend ehrlich, mal ahmt er gekonnt eine Lüge nach. Steht er unbeholfen in der Arena der Hundeschau, ausgelacht von Hunderten, die es besser wissen, dann wirkt er wie ein Clown, der nicht weiß, dass er ein Clown ist, der sich aber freut, dass sich die Menschen um ihn herum so freuen.
So führt uns der geduldige Coco durch sein Land, durch sein Patagonien. Nimmt uns mit auf eine Reise, von der niemand sagen kann, wohin sie führen wird. Er ist kein Mensch, der an Gegenständen hängt. Und es scheint auch so, als sei er keiner, der sehr an anderen Menschen hängt. Dabei ist er liebenswert und sanftmütig, naiv und manchmal sehr klug. Sein Wesen ist nicht fassbar und das macht ihn, seine Handlungen und damit auch den Film immer wieder überraschend.
Die Menschen im Film sind auf der stetigen Suche nach Arbeit und Glück in dieser Reihenfolge. Auch Coco ist einer von ihnen. Seinen Job als Mechaniker an einer Tankstelle hat er verloren und es sieht auch nicht so aus, als bekäme er eine neue Chance.
Bis er plötzlich auf LeChien trifft, einen riesigen weißen Hund. LeChien zieht alle Aufmerksamkeit auf sich und von einem Tag auf den anderen ist Coco ein gefragter Mann. Nicht dass sich irgendjemand ernsthaft für den sensiblen und sehr charakterstarken LeChien interessieren würde. Der Hund soll bewachen, rennen, jagen, sich präsentieren und fortpflanzen.
Coco ist nur Beiwerk, das Teil, das am anderen Ende der Leine hängt. Der Hund entpuppt sich als Goldesel, nur dass Coco mit Geld nicht mehr anfangen kann, als es sich wieder wegnehmen zu lassen. Wo er auch hinkommt, überall ist er fehl am Platz. Nirgends scheint er wirklich dazuzugehören. Doch den dadurch entstehenden Verlust an Würde weiß er mit Würde zu tragen. Er ist kein tragischer Held und auch kein trauriger. Er ist noch nicht einmal ein Held. Und gerade das macht ihn zu etwas Besonderem.
Bombón erzählt von einer ungewöhnlichen Begegnung und vom Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Und das ohne aufgesetzt oder lächerlich zu wirken. Gegen geradezu poetische Bilddimensionen werden auflockernde absurde Momente gesetzt. Der Film entwirft eine Welt, die fest in der Realität verankert ist und in der dennoch alles passieren kann.
Der Film weiß zu unterhalten. Nie kann sich der Zuschauer sicher sein, wohin sich die Geschichte entwickeln wird. Die Filmbilder präsentieren sich in außergewöhnlich ausgewogenen Symmetrien, die behäbigen Ölpumpen geben, ebenso wie die ruhige tragende Musik und die Hitze der wüsten Landschaft den Rhythmus vor. Das und die überaus liebenswerten Figuren machen Bombón zu einem wirklich sehenswerten Film.
Fazit: Ein außergewöhnliches, unterhaltsames Roadmovie, für das man sich Zeit nehmen sollte.