20 Feet from Stardom: Oscar-prämierte Musikdoku über das Phänomen der Backgroundsängerinnen.
Morgan Nevilles hinreißende Hommage an schwarze Backgroundsängerinnen gewann den diesjährigen Doku-Oscar.
Sie sind fast berühmt: Ihre Stimmen machen den Schmelz und die Seele vieler legendärer Rock- und R’n’B-Songs und -Alben aus, doch ihre Namen kennt kaum jemand. Darlene Love, Marry Clayton, Tata Vega, Judith Hill oder Lisa Fischer - sie sind die unbekannten Stars der Musikszene. Als Backgroundsängerinnen - einige als die ersten schwarzen in den Sechzigerjahren - standen sie immer im Bühnenhintergrund, keine zwanzig Fuß vom Spotlight der großen Leadsänger entfernt. Anhand rarer Archivaufnahmen lässt sich eindrucksvoll belegen, wie sie Klassikern von Lou Reeds „
Walk on the Wild Side“ über „Gimme Shelter“ der Rolling Stones bis „
Sweet Home Alabama“ von Lynyrd Skynyrd den unwiderstehlichen Soul verliehen, der so in Beine, Kopf und Herz geht.
Wo „Dreamgirls“ eine Tragödie darin sah, dass sie den Starruhm verpassten, entdeckt der fachkundige Musikdokumentarist Morgan Neville („Johnny Cash’s America“) eklatante Unterschiede zwischen den Rampenlicht-Individuen und den auf Harmonie und Unterordnung bedachten Hintergrundsängern. Allen (knapp) gescheiterten Solokarriereversuchen und manch finanziellen Trockenphasen zum Trotz - das Leben ist nie fair, mag man daraus lesen - bereuen die liebenswert-lebenslustigen Ladys ihre Profession nicht; denn sie singen aus Leidenschaft und fühlen sich dabei, das ist der Punkt, einfach wohl.
Mick Jagger unkt zwar, dass „uuhs und aahs singen für einige Minuten Spaß macht. Aber ein Leben lang?“ und verkennt, dass nicht jeder dazu geboren ist, ein Bühnenheld zu sein. Die meist als Pastorentöchter von Klein auf am Gospel Geschulten bedauern sicher das eine oder andere, hatten aber das Privileg, nicht nur mit den größten Namen (darunter David Bowie, Led Zeppelin und Robert Plant) zu arbeiten, sondern den Sound von Bruce Springsteen, Stevie Wonder, Sheryl Crow oder Sting auch erheblich mitzuprägen. Jene geben in kurzen Interviews darüber Auskunft, auch wenn es vorwiegend die gut gelaunten „Schwestern“ selbst sind, die sich an das wechselvolle Musikgeschäft erinnern. Im Zentrum des Porträts steht ganz klar ihre Musik, in der die „ersten Actionfiguren des R’n’B“ mit ihrer Stimmgewalt sagenhaft viel Groove und Laune verbreiten, eine elektrisierende Umsetzung ihres Mottos „Lebe den Moment“. tk.