Tatort: Mit ruhiger Hand: Die Kölner Kommissare kümmern sich um einen möglicherweise nur vorgetäuschten Raubmord...
Die ersten Bilder dieses „Tatorts“ aus Köln sehen aus wie unter Wasser gefilmt: Die Aufnahmen sind leicht getrübt, die Perspektiven etwas verschoben. Das passt zum Thema: Es geht um Alkoholismus.
Auch wenn vordergründig wie immer ein Mordfall zu klären ist, im Zentrum steht ein Tabu. So mancher Arzt verdankt die Ruhe, mit der seine Hand das Skalpell führt, einem Quantum Alkohol. Autor Jürgen Werner legt noch einen drauf: Hauptkommissar Ballauf (Klaus J. Behrendt) ist bei den Ermittlungen nicht ganz unbefangen, denn er vertreibt sich die Einsamkeit des Feierabends gern mit dem einen oder anderen Bierchen. Gegenspieler Ballaufs und seines ob der Trinkgewohnheiten des Freundes besorgten Kollegen Schenk (Dietmar Bär) ist der renommierte Chirurg und Klinikleiter Gann (Roeland Wiesnekker), der auch Opfer ist. Bei einem Einbruch in seine Wohnung ist seine Frau ermordet worden, er selbst trug eine schwere Stichverletzung davon.
Während den versierten Krimi-Fan angesichts des vermeintlichen Tathergangs bereits eine gewisse Ahnung beschleicht, präsentiert Werner die üblichen Verdächtigen,: den verbitterten Witwer einer Patientin, die angeblich nach einem Kunstfehler Ganns gestorben ist; den Sohn des Arztes, der von der Mutter in ein Internat abgeschoben wurde; und Ganns Kompagnon, der die Klinik gegen den Willen des Partners verkaufen will. Dank weiterer Nebenhandlungen ist der Pflicht zum Ablenkungsmanöver mehr als Genüge getan.
Selbst wenn es nicht sonderlich originell ist, Wiesnekker als Alkoholiker zu besetzen, weil er diese Rolle schon in der ProSieben-Serie „Dr. Psycho“ glänzend gespielt hat: Der Schweizer macht das erneut großartig, zumal im Zusammenspiel mit Vincent Redetzki, der als Gann junior die Trunksucht des Vaters beklemmend überzeugend spiegelt. Derweil muss sich Behrendt auf Geheiß seines Chefs gar in die Obhut einer befreundeten Psychologin (Juliane Köhler) begeben.
Während die komplexe Geschichte also durchaus fesselt, darf man über die Bildgestaltung (Regie: Maris Pfeiffer) geteilter Meinung sein: Kameramann Benedict Neuenfels muss sein Arbeitsgerät etwa bei der ersten Tatortbesichtigung immer wieder ruckartig bewegen, als sei er ein „Reality“-Reporter, der rasch einige Schüsse für die Boulevardnachrichten machen muss, bevor ihn die Polizei vertreibt. Diese pseudodokumentarische Optik ist eigentlich aus der Mode gekommen. Sie stört zwar nicht, ist inhaltlich jedoch ähnlich wenig zu rechtfertigen wie die wiederholten Aufnahmen aus extremer Untersicht. Aber man kann das natürlich auch positiv sehen: Für „Tatort“-Verhältnisse ist die Bildsprache mitunter fast kühn. tpg.