Tatort: Harte Hunde: Ein Serienmörder nutzt seinen Freigang zur Flucht, bringt zwei Prostituierte und sich selbst um, danach geht's für Kommissar Casstorff erst richtig los...
Tatort: Harte Hunde: Ein Serienmörder nutzt seinen Freigang zur Flucht, bringt zwei Prostituierte und sich selbst um, danach geht's für Kommissar Casstorff erst richtig los...
Das ohnehin kühle Hamburg zeigt sich in diesem „Tatort“ von Thomas Bohn (Buch und Regie) von seiner kältesten Seite. Die Bilder sind fast farblos, kein grünes Blatt ziert Bäume und Büsche, und die wummernde Techno-Musik sorgt dafür, dass sich das optische Unbehagen auch akustisch breit macht; kaum ein freundliches Wort stört die Tristesse. Trotzdem packt einen der Film „Harte Hunde“ gleich vom ersten Moment: Ein früherer Prostituiertenmörder entwischt seinem Therapeuten beim „begleiteten Freigang“. Als kurz darauf zwei Huren ermordet werden, ist der Fall klar; als der vermeintliche Mörder dann auch noch allem Anschein nach Selbstmord begeht, ist er bereits gelöst. Doch dann kommt alles ganz anders: Es geht gar nicht um Mord, sondern um Kinderhandel.
Auch Jan Casstorff passt sich der feindseligen Atmosphäre an: Selten sah man Robert Atzorn derart abweisend. „Um das zu verstehen, sind Sie nicht sensibel genug“, wird ihm am Ende der Therapeut (Peter Prager) vorhalten. Tatsächlich unterscheidet sich Casstorffs Umgangston kaum vom rauen Gesprächsklima, das auf dem Kiez herrscht. Allerdings wirkt die private Ebene des Kommissars, dessen Sohn sich als „Kuckucksei“ entpuppt hat, diesmal wie ein Fremdkörper. Dass sich Casstorff aufs Land zurückgezogen hat und nun ein altes Bauernhaus renoviert, ist ja in Ordnung; doch die Geschichte mit seiner Ex (Nina Petri), die ihn einst im Stich ließ, ist längst ausgereizt.
Um so besser ist Bohn diesmal der eigentliche Fall gelungen. Interessant ist dabei vor allem die Figur des Therapeuten Ruder, einem undurchsichtigen Typen, der einerseits überzeugend zerknirscht über Flucht und Taten seines angeblich geheilten Patienten ist, andererseits aber offen für die Todesstrafe bei nicht therapierbaren Gewaltverbrechern plädiert. Seine eigene Faszination entwickelt naturgemäß das Kiez-Milieu, in dem Zuhälter Schöndauer (Klaus Czizek) der unangefochtene König ist. Neben Ruder steht Schöndauer auf der Liste der Verdächtigen ganz oben, denn die beiden toten Prostituierten arbeiteten für ihn.
Interessanter noch als die eigentlich einfache, aber geschickt verschachtelte Geschichte ist ihre Umsetzung. Die Handkamera von Rainer Gutjahr sorgt dafür, dass man stets mitten rein ins Geschehen gezogen wird. Fast schon niederträchtig kontrastieren Bohn und Gutjahr die wenigen schönen Bilder mit dem Grauen des Verbrechens: Gerade noch zeigte die Kamera idyllische Bilder im Sonnenaufgang, da bleibt sie an einem Baum hängen, in dem die Leiche des Mörders baumelt. Nicht minder wirksam sind die von Techno-Musik unterlegten Milieubilder in Superzeitlupe. Ein starker „Tatort“; kühl, aber packend. tpg.