Tatort: Aus der Tiefe der Zeit: 18 jahre nach "Frau Bu lacht" kehrt Dominik Graf zum "Tatort" zurück - mit einem komplexen, im Münchner Westend und Pullach angesiedelten Fall.
Dominik Graf ist nach 18 Jahren wieder an den „Tatort“ zurückgekehrt und lässt Leitmayr und Batic in einem vermeintlichen Bauspekulationsfall ermitteln.
Zunächst Bilder, die an Dominiks Grafs Dokumentation „München - Geheimnis einer Stadt“ erinnern. Bekannte Motive, ziehende Wolken, schnelle Schnitte, Zeitrafferimpressionen. Dann Kräne, Bagger, Baustellen. Mittendrin, gefangen in seinem Auto, Kriminalhauptkommissar Franz Leitmayr. Er flucht, verzweifelt an seinem Navigationsgerät. Überall Einbahnstraßen. Chaos. Er sucht die Wohnung eines Freundes, will hier, wegen eines Wasserschadens in den eigenen vier Wänden, unterkommen.
Nach der Exposition, fast nebenbei, wird im Aushub einer Baugrube im Migrantenviertel Westend, Schauplatz von „Aus der Tiefe der Zeit“, der erste Tote gefunden. Der Kiez soll repräsentabel, sprich rentabler, gemacht werden. Bauspekulation wird vermutet. Francesco Rosis „Hände über der Stadt“ kommt einem in den Sinn. Naheliegend, denn Graf liebt, lebt Film. Mit Plakaten wird er noch Ignacio F. Iquinos Italo-Western „La sfida degli implacibili“ und die Karl-May-Adaption „Der Schut“ „empfehlen“. Vier Tote gibt es zu beklagen - ein Selbstmord, ein Totschlag, Tod durch unterlassene Hilfeleistung und ein Opfer hat man verhungern lassen. Wie hängen die Verbrechen zusammen?
Wohltuend anders ist dieser „Tatort“, zu dem Bernd Schwamm, der schon zu Schimanski-Zeiten mit Graf zusammenarbeitete, das vielschichtige Drehbuch geschrieben hat. Zweiter Hauptschauplatz ist eine Villa im noblen Pullach am Isar-Hochufer. Das altehrwürdige Gebäude droht den Hang hinunter zu rutschen, deren Bewohner verlieren im Wortsinn den Boden unter den Füßen. Die einstige Zirkusprinzessin und Kunstschützin Magda Holzer (Erni Mangold) residiert hier. Ihr jüngerer Sohn ist der erste Tote, unter Verdacht steht der zweite (Martin Feifel), mit beiden hatte Eventagentur-Betreiberin Liz Bernard (Meret Becker) ein Verhältnis…
Eine Familiengeschichte, bei der die Vergangenheit lange Schatten wirft. Nazis, Kriegsverbrechen, Partisanen. Sogar Marschall Tito ist kurz im Bild zu sehen, Ivo Batics kroatische Sprachkenntnisse sind gefragt. Keine altbekannten Kommissar-Befindlichkeiten, keine repetitiven Fallzusammenfassungen. Dafür Tempo, viel Story, ein wenig Witz, mutige Kameraarbeit (Alexander Fischerkoesen), oft Weißblitze statt Blenden und überragende Schauspieler. Kein Krimi, aber was für einer. geh.