Rosa Roth: Im Namen des Vaters: Bei dem Mord an einer jungen Frau gehört auch ein Pfarrer zum Kreis der Verdächtigen...
So viel Moral gab’s zuletzt im Kino der Fünfzigerjahre: Da wird eine Frau mit wechselnden Liebhabern als „Nymphomanin“ bezeichnet, und ein katholischer Priester bekommt Gewissensbisse, weil er nicht bloß ein Verhältnis, sondern auch eine Tochter hat.
In beiden Fällen ist die Lösung der Tod: Die vermeintliche Nymphomanin muss für ihren freizügigen Auftritt zu Beginn des Films unmittelbar drauf bitter büßen, der Priester wählt später den Freitod. „Im Namen des Vaters“ ist bereits der zwanzigste „Rosa Roth“-Film in elf Jahren. Es ist immer wieder verblüffend, wie frisch die Geschichten und ihre Figuren nach wie vor anmuten. Allein die Umsetzung durch Iris Berbens Stammregisseur Carlo Rola, der alle zwanzig Filme inszeniert hat, trägt diesmal Züge von Routine. Im Vergleich zum fulminanten Tempo des letzten Falls, „Flucht nach vorn“ (mit Christian Ulmen), wirkt der neue Film fast schon zahm. Der renommierte Krimi-Schriftsteller Friedrich Ani, Autor der Buchreihe über den Vermissten-Kommisar Tabor Süden, legt allerdings auch deutlich mehr Wert auf die Figuren als auf Action. Rolas verhaltene Inszenierung und der völlige Verzicht auf vordergründige Effekte sind also nur konsequent. Geschickt reduziert Ani die charakterlichen Abgründe auf Andeutungen: die ständigen Bauchschmerzen eines kleinen Mädchens, die inbrünstigen Gebete ihrer Mutter (Nina Kronjäger), die Ausflüge des vom Weg abgekommenen Priesters (Fritz Karl) in den Boxring.
Durchsichtigste Figur in dem Reigen ist ausgerechnet der Hauptverdächtige, ein Taxifahrer (Michael Rast), der mit der Polizei noch eine Rechnung offen hat; man muss nicht mal Krimi-Fan sein, um den Mann umgehend von der Liste zu streichen. Viel interessanter ist ein zweiter Priester (Dieter Laser), der für die Probleme seines Kollegen eine ganz einfache Lösung hat: Die Kirche zahlt. Von ihm stammt auch die sinnige Feststellung, der Himmel habe einen Riss. Dabei meint er das ganz wortwörtlich: Die Rede ist von einem Gemälde an der Kirchendecke. tpg.