In entsättigten Bildern zeigt uns der brasilianische Regisseur Cao Hamburger in seinem Wettbewerbsbeitrag der 57. Berlinale sein Heimatland in den 70er Jahren. Seit 1964 ist die Militärdiktatur an der Macht, doch auf den ersten Blick scheint dies die Bewohner des Landes nur am Rande zu berühren. Der Fußball ist immer noch wichtiger, vor allem, da bald Weltmeisterschaft ist. Doch als eines Tages die kommunistischen Eltern von Mauro mitten im Schuljahr beschließen, in Ferien zu fahren, merkt auch der kleine Junge, das etwas nicht stimmt. Als Mauro beim Großvater, einem orthodoxen Juden, ankommt, ist dieser schon tot. Die Nachbarn kümmern sich zunächst nur widerwillig um den Jungen. Schnell stellt sich heraus, dass dieser eigentlich ein Goy ist, unbeschnitten und ohne Kentniss der jüdischen Sitten und Gebräuche.
Präzise und humorvoll inszeniert Hamburger, wie Mauro lernt, sich in dieser ihm fremden Welt zurechtzufinden. Am Anfang versteht er weder das Jiddisch, das der Nachbar Shlomo mit ihm spricht, noch den Sinn darin, zum Frühstück Fisch und gesäuertes Brot zu essen. Erst durch den Kontakt zur Nachbarstochter Hanna findet er im orthodoxen Quartier Sao Paulos ein Zuhause.
Moishele, eine Verniedlichungsform von Moses, nennen die Bewohner den Jungen schnell wie das ausgesetzte Kind, das schließlich vom Pharao aufgenommen wurde. Dieses Gefühl, ausgesetzt und verlassen worden zu sein, zieht sich als roter Faden durch den Film, denn Das Jahr, in dem meine Eltern in Urlaub gefahren sind, scheint kein Ende zu nehmen. Brasiliens Nationalmannschaft um Superstar Pelé steht im Finale gegen Mexiko, doch Vater und Mutter sind immer noch nicht zurückgekehrt. Und die Repressalien gegen die Kommunisten verschärfen sich täglich.
Über weite Strecken gelingt es Hamburger, in dieser Tragikomödie die Balance zu halten zwischen den großen Gefühlen, den tragischen Momenten, und dem Humor, der in vielen Szenen ganz unerwartet aufblitzt. Vor allem Germano Haiut als Shlomo gelingt es durch seine trockene, fast unterspielte Art, den Film nicht ins Melodramatische abgleiten zu lassen. Vor dem Hintergrund politischer Repressalien feiert der Regisseur das Zusammenleben von Menschen, die aus allen Ecken und Enden der Welt gekommen in Sao Paulo ihre Heimat gefunden haben. Die Musik, eine fröhliche Mischung aus Klezmer- und Samba-Rhythmen, tut ihr übriges dazu, dass die positive Grundstimmung des Films über die tragischen Momente überwiegt.
Fazit: Stimmig inszenierter Wohlfühlfilm, der die Fußballweltmeisterschaft 1970 und die Zeit der Militärdiktatur in Brasilien aus der Sicht eines 12-jährigen Jungen zeigt.