Liebe! Stärke! Mitgefühl!: Ein lachendes und ein weinendes Auge verfolgen die Windungen des Herzens in dieser bewegenden Beziehungskiste.
Acht Männer über drei Wochenenden an einem Ort, Beziehungen unter Freunden, erotische Spannungen, weiser Witz und kluge Komik, Melancholie und Liebe in viktorianischer Villen-Idylle lassen an Tschechow denken, sind aber doch vitales New Yorker Independent-Kino. Die Verfilmung des mit einem Tony-Award ausgezeichneten Theaterstückes von Terrence McNally durch den Regisseur der erfolgreichen Off-Broadway-Inszenierung, Joe Mantello, und in der (bis auf einen Part) originalen Bühnenbesetzung ist ein vergnügliches und immer wieder auch nachdenkliches Spiel von der Condition Humaine, vom Menschen in seiner Zeit, von Leben und Tod.
Diese spielerische Leichtigkeit, Ironie und bei allem Klartext diskrete Intimität kommt ganz ohne den schicken Zynismus der Neunziger Jahre aus. Am ersten der Wochenenden kommen die Freunde einer nach dem anderen in der abgelegenen Villa an, die Gregory, einem Choreographen Mitte 40, der sich mit seinem alternden Körper nicht so recht anfreunden kann, gehört. Er ist auch der sparsam eingesetzte Off-Erzähler. Gregorys sehr viel jüngerer Lover Bobby ist blind. Er kommt zusammen mit Arthur und Perry zu diesem Freundestreffen „in the middle of nowhere“. Arthur, Buchhalter, und Perry, Anwalt sind seit 14 Jahren zusammen. Zwischen den Zeilen des brillant funkelnden Dialogs wird spürbar, wie die beiden das Zusammenleben über die Erfahrungen während der langen Zeit gelernt haben. Sie wissen um das Geheimnis des richtig dosierten Kompromisses und wie sie mit Streitsituationen umgehen müssen. Dabei legen sie eine fabelhafte Selbstverständlichkeit an den Tag, sagen sich Gemeinheiten, helfen einander beim Härchenauszupfen. Ganz anders ist der herrisch auftretende John, ein zorniger, britischer Komponist, der mit seinem neuesten Liebhaber kommt, einem jungen, attraktiven Tänzer mit perfektem Körper. Ramon ist Puertorikaner und bringt ziemliche Unruhe in die Freundestruppe: Er verführt den blinden Bobby, was die psychologische Krisenstimmung des Gastgebers auf die Spitze treibt: Bobby muß das Haus verlassen.
Die vielleicht anrührendste, weil komische und gleichzeitig tödlich tragische Figur ist Buzz. Er ist Fan alter Broadway-Musicals und an Aids erkrankt, weshalb er jeden mit einer Geldstrafe belegt, der die Krankheit beim Namen nennt. Ihm ist die im Film einzige und auf dezente Weise umso anrührender wirkende Romanze mit dem ebenfalls HIV-positiven Zwillingsbruder von John, James, vergönnt. James, der als letzter anreist, ist ganz anders als John, voller Humor und Lust am Leben, optimistisch trotz der Krankheit.
Optimismus ist ein Stichwort für den ganzen Film. Er vermittelt eine realistische Stimmung, bei der sich der Zuschauer gut aufgehoben fühlt: Kein falsches Harmoniebedürfnis, sondern den Tatsachen ins Auge sehen, Auseinandersetzungen führen und ihnen nicht ausweichen, Gefühle nicht verdrängen, sondern rauslassen. Menschliche Beziehungen bekommen auf diese Weise eine ehrliche Moral, nicht nur im Zeichen der Homosexualität. Joe Mantellos Film ist weit mehr als ein Schwulenfilm, eine Aufforderung an das Bewußtsein, eine Parabel auf das Miteinander, ungeachtet jeglicher sexueller Präferenzen. Jedenfalls hat man, wenn man aus dem Kino geht, Lust darauf, Freunde zu treffen, am liebsten mitten im Nirgendwo, für mindestens drei Wochenenden. fh.