Herbstgeschichte: Ins warme Licht des Midi getauchte, kunstvolle zurückhaltende Love-Story über eine Frau in den "besten Jahren".
Eric Rohmer erzählt gerne in Zyklen. Nach den berühmten „Moralischen Erzählungen“ aus den sechziger und siebziger Jahren, den „Komödien und Sprichwörter“ aus den achtzigern folgte der Filmzyklus „Vier Jahreszeiten“, den er jetzt mit „Herbstgeschichte“ abschließt, Dabei entführt er in den Midi, den französischen Süden, in dessen lieblicher Landschaft - wie sollte es auch anders sein - um die Schwierigkeiten der Liebe geht.
Jede Jahreszeiten-Geschichte entwickelt bei Rohmer ihren spezifischen Charme. Ob in „Frühlingserzählungen“ (1989), „Wintermärchen“ (1992), „Sommer“ (1996) oder jetzt in „Herbstgeschichte“, immer erzählt Rohmer von den Widersprüchen zwischen Gefühl, Wort und Tat, von diffizilen Beziehungen zwischen Menschen, zwischen Alt und Jung, Gestern und Heute. Der 78jährige, der oft an mehreren Büchern gleichzeitig schreibt, entwirft im warmen Licht des Midi eine kunstvoll, zurückhaltende Love-Story über eine Frau in den „besten Jahren“, die manchmal nicht die besten sind. Die Mittvierzigerin Magali (Béatrice Romand) lebt nach dem Tod ihres Mannes alleine auf ihrem Weingut, die Tochter ist weggezogen, der Sohn wandelt auf Freiersfüßen. Ein Mann wäre für den Gefühlshaushalt nicht schlecht, aber welches maskuline Prachtexemplar verirrt sich schon zufällig in einen Weinberg? Um Abhilfe zu schaffen, ergreifen zwei Frauen die Initiative: Magalis beste Freundin Isabelle (Marie Rivière) gibt eine Bekanntschaftsanzeige auf, um einen Partner für Magali zu finden, Rosine (Alexia Portal), die Freundin von Magalis Filius, bringt ihren Ex-Lover, einen gestandenen Philosophie-Professor, ins Spiel. Während eines Hochzeitsfestes treffen die Kandidaten auf die ahnungslose Magali. Und alles wird dadurch komplizierter…
Für Rohmer ist der Herbst die Zeit der Melancholie und der Selbstzweifel, noch einmal präsentiert sich das Leben prall und voller Kraft, aber das Ende ist vorauszusehen, die Einsicht in Vergänglichkeit präsent. Die Angst vor Einsamkeit und davor, vielleicht etwas verpaßt zu haben, greift nach der Seele. Dennoch bleiben die Träume vom Glück, die Sehnsucht, das Kribbeln im Bauch, der kleine Herzschmerz. Der französische Cinéast spielt souverän auf der Klaviatur der Gefühle, betrachtet seine Protagonisten mit großer Zärtlichkeit, läßt sie dabei in so manche Falle tappen, erwachsene Frauen und Männer in Liebesdingen so irrational reagieren wie naive Teenies, der Märchenaspekt gibt der Geschichte einen fast magischen Touch. Neben den Figuren spielt die wunderbare Landschaft eine Hauptrolle, die Natur als prägendes Element. Die ruhigen, kraftvollen Bilder von Diane Baratier verzaubern, machen Lust auf Südfrankreich und sinnliche, laue Herbstabende. Und wenn zum Abschied ein Lied erklingt, in dem es heißt „Wenn das Leben eine Reise ist….“ bedauert man zutiefst, daß diese filmische Reise zu Ende geht. mk.