Hart sind die Winter am Polarkreis: Am Tag wird es nicht richtig hell, draußen gibt es außer verschneiten Ebenen nicht viel. Viele Bewohner Lapplands sind arbeitslos. Kommen dann noch persönliche Schicksalsschläge oder auch nur Missgeschicke hinzu, gibt das manchen Menschen den Rest. Am Rande des Dorfes, in dem Helden des Polarkreises spielt, steht ein Baum, an dem sich seit fünf Generationen lebensmüde Männer aufknüpfen. Man weiß ja, dass die Selbstmordrate in Finnland hoch ist. Aber dieser Film ist eine Komödie, und man weiß ebenfalls, dass der Norden Europas dieses Genre gerne mit trockenem bis schwarzem Humor bereichert. Dome Karukoskis finnisches Roadmovie bietet viel davon.
Nachdem Inari ihren Lebensgefährten Janne geweckt und das Haus verlassen hat, schläft er noch ein wenig weiter. Denn Arbeit hat er keine. Als er sich dann endlich auf den Weg macht, um die Digi-Box zu kaufen, ist es zu spät. Genauer gesagt, wäre es nicht zu spät gewesen, hätte Janne nicht noch mit seinen Kumpeln ein Bier in der Kneipe getrunken, sondern stattdessen lieber dem Elektrohändler, der seinen Laden für ihn nochmal aufschließen wollte, den gesamten Preis der billigsten Digi-Box bezahlen können. Janne ist zwar um neue Ideen nicht verlegen, als er heimkommt, aber Inari hat nach neun Jahren Beziehung keine Geduld mehr: Sie packt ihre Siebensachen, um die gemeinsame Wohnung zu verlassen, falls bis zum nächsten Morgen keine Digi-Box auf dem Tisch steht. Er könne doch zu ihrem Vater, dem Elektrohändler, fahren, meint sie, und Janne, der Inari nicht verlieren will, ist plötzlich sogar dazu bereit.
Mit Kanne und Ralle, der das Auto für den Trip gibt, bricht er auf durch den verschneiten Wald. Janne will unterwegs das Geld verdienen, um die Box zu bezahlen, zum Beispiel indem sie ein Rentier häuten oder den Autos vor einer Ampel die Fensterscheiben putzen. Nur fehlt die Metzgererfahrung und das Wischwasser gefriert, bevor auch nur das erste Auto hält. Drehbuchautor Pekko Pesonen und Regisseur Karukoski lassen die drei Freunde in aberwitzige Situationen geraten, wo sie sich mal slapstickhaft, mal übereifrig noch tiefer in Schwierigkeiten bringen.
Für Janne, Ralle und Kanne sind die eigenen Unzulänglichkeiten die härtesten Bewährungsproben. Als Helden des Polarkreises verspottet sie deshalb ein Streifenpolizist. Wenn die Drei im gelben Auto auf der Landstraße ein wenig zu schnell dahinfahren, von dunkler Ungewissheit umgeben und von flotter Musik begleitet, wirkt das Roadmovie wie eine amerikanische Action. Die Verlierertypen stehen zu ihrer Negativbilanz auch trotzig-selbstbewusst, so dass sie nicht nur tollpatschig, sondern auch cool aussehen können. Als ihm ein gutverdienender Altersgenosse einen Job anbietet, lehnt Kanne mit den Worten ab: Ich hab genug mit meinen Hobbys zu tun.
Falsche Scham ist eines der wenigen Übel, auf das die drei Freunde verzichten. Auch der Film pflegt eine direkte Sprache, indem er Situationen makaber, grotesk oder peinlich überdreht, bis zum Moment des Auflachens. Melancholie ist in dieser Geschichte nur ein punktuell auftretendes Problem, das es sofort zu beheben gilt, wie der plötzliche Spritmangel, der das Auto gleich am Anfang auf einsamer Straße zum Stehen bringt. Die frischen Ideen dieser Buddy-Komödie verleihen ihr eine heitere, unbeschwerte Wirkung, die sie über viele andere heraushebt.
Fazit: Je größer die Widrigkeiten, desto mehr wachsen drei tollpatschige Freunde über sich hinaus: lebhafte schwarzhumorige Komödie aus Finnland.