Gletscherblut: TV-Drama um eine drohende Naturkatastrophe in einer Alpenregion.
Vor spektakulärer Alpenkulisse greift „Gletscherblut“ das brisante Thema Klimawandel auf und zeigt einen völlig neue Perspektive dieser Bedrohung, lässt sich in der dramaturgischen Umsetzung jedoch auf keine Experimente ein.
Grenzerfahrungen und Extremsituationen zählen zum Standardrepertoire des Bergfilms, das Genre ist immer auch schmerzhafte Selbstreflexion menschlicher Existenz. „Gletscherblut“ bedient sich dieser dramatischen Motive, die das Ringen um Leben oder Tod vor Augen führen, unterwirft die Handlung der Dramaturgie des klassischen Katastrophenfilms und streut unbekümmert Elemente des Heimatfilms ein: Skrupelloser Bürgermeister (Günther Maria Halmer) einer Tiroler Bilderbuchgemeinde plant auf dem Hausgletscher ein Sommerskigebiet, ungelittener Schwiegersohn und Gletscherforscher (Tim Bergmann) entdeckt merkwürdige Veränderungen am Berg und warnt vor einer sich anbahnenden Katastrophe - doch niemand glaubt ihm. Dann platzt auch noch der verlorene Sohn der Dorfgemeinschaft (Thomas Unger), der auszog um auf einer Bohrinsel in der Nordsee zu arbeiten, in das geranienbeschmückte Alpenidyll. Die Lage spitzt sich zu.
„Die Berge sind unberechenbar“ räsoniert der Bürgermeister - „Gletscherblut“ ist es nicht.
Viel Interessantes ist zu erfahren über Gletscher und geheimnisvolle Wassertaschen im Inneren des Eispanzers. Die Tauchgänge in den Gletschersee, entstanden in einem Wasserbecken in Rumänien, sind spektakulär und eröffnen im wahrsten Sinne des Wortes neue Perspektiven. Und doch plätschert vieles zwischen den Figuren der Geschichte dahin, rinnt in eine vorhersehbare Richtung und selbst wenn die Handlung schäumt uns spritzt wie ein Gebirgsbach zur Schneeschmelz, wirklich mitgerissen wird der Zuschauer selten.
Von Thomas Unger wünscht man sich mehr im Fernsehen zu sehen, die stärksten Momente des Films schöpfen sich aus dem Zusammenspiel mit einem herrlich authentischen Peter Mitterrutzner. Die Hauptrolle des Glaziologen Carlo Bonatti ist zwar ambivalent und konfliktreich angelegt - hier der kalkulierende, rationale Forscher, dort der emotionale und von seinem Schwiegervater abhängige Ehemann, doch bleibt Tim Bergmann mitunter hinter seinen Möglichkeiten zurück. „Gletscherblut“ greift das brisante Thema Event-Alpinismus auf, doch am Ende bleiben die Berge hübsche Staffage für die komödienstadelhaften Intrigen und Romanzen eines Dorfes. ak.