Das letzte Stück Himmel: TV-Drama um zwei extrem unterschiedliche Brüder, die sich dennoch in die gleiche Frau verlieben.
Ein richtiggehendes Kunststück hat Jo Baier mit „Das letzte Stück Himmel“ vollbracht. Obwohl es um das Thema Selbstmord geht, ist ihm ein durch und durch lebensbejahender Film gelungen.
Baier, bislang fast ausschließlich mit historischen Stoffen in Erscheinung getreten, spürt man die Liebe zu seinen Filmfiguren an, unheimlich ausgeprägte Figuren sind das, die der Drehbuchnovize Michael Watzke geschaffen hat: das ungleiche Brüderpaar und diese schöne selbstbewusste Frau, die die Brüder verbindet, mit ihnen ein Dreigestirn bildet und sie letztlich auch wieder auseinander führt.
Während Anno (David Rott) als Modefotograf und Frauenheld in München ein unbeschwertes Leben führt, lebt der durch den frühen Tod ihrer Mutter traumatisierte Julian (Max von Pufendorf) in Wuppertal bei seinem gestrengen Vater. Die Sehnsucht zu Sterben ist bei Julian viel ausgeprägter, als die Lust am Leben. Doch gerade diese will ihm sein Bruder vermitteln, als er Julian zu sich nach München holt und ihn an seinem Leben teilhaben lässt. Beide sind an der hübschen Laura (Nora Tschirner) interessiert. In trauter Dreisamkeit verbringen Sie einen unbeschwerten Sommer, bis Laura bei einem Segelflugtörn schwer verunglückt und ins Koma fällt. Als sie wieder aufwacht fällt sie Anno um den Hals, obwohl es Julian war, der Tag und Nacht an ihrem Bett wachte. Die beiden werden ein Paar, was Julian nicht verkraftet. Er wird rückfällig, landet über den Umweg Psychiatrie wieder bei seinem Vater und gibt schließlich seiner einen Sommer lang unterdrückten Sehnsucht nach.
Dass dieser Lauf der Dinge nicht aufzuhalten ist, vermittelt einem Baiers Film sehr eindringlich. Vor allem an der Figur Annos, der sich schnell darüber bewusst ist, was er an seinem Bruder hat und der vor Laura auch kein falsches Spiel treibt und sie nicht darüber im Unklaren lässt, dass es Julians Stimme war, die während ihres Dämmerzustands immer wieder zu ihr sprach.
Max von Pufendorf bringt Julians Verletzlichkeit und Unbedarftheit, dieses nicht von dieser Welt sein ganz hervorragend zum Ausdruck. David Rott spielt den leichtfüßigen Lebemann sehr sympathisch - und passt - aller Gegensätzlichkeit ihrer Figuren zum Trotz - ideal zu Pufendorf, die „brüderliche Chemie“ zwischen den beiden stimmt. Und Nora Tschirner ist in ihrer natürlichen Art ohnehin eine Pracht. Jo Baiers Film umgibt außerdem eine eigentümliche Zeitlosigkeit, die durch Kostüm und Ausstattung (bis hin zu Annos 911er Porsche) noch unterfüttert wird. Manchmal wirkt der Film wie eine kleine Hommage an das wilde Schwabing aus vergangenen „Schätzchen“-Zeiten. fra.