Brother: Erstes englischsprachiges Projekt von Takeshi Kitano, in dem ein japanischer Yakuza in Los Angeles einen Bandenkrieg auslöst.
Nachdem Takeshi Kitano mit „Hana-Bi“ und vor allem mit „Kikujiros Sommer“
versucht hat, sein Image als Regisseur von harten Polizeifilmen zu
relativieren, kehrt er mit „Brother“ wieder ganz in die Welt des Verbrechens
zurück. Den Erfolg der beiden Vorgänger-Filme im Rücken, konzipierte seine
Produktionsfirma Kitano Office auf internationalem Parkett mit zehn Millionen Dollar die bisher teuerste Produktion in Kitanos Karriere.
Das Produzententeam ist japanisch-britisch, die Geschichte japanisch-amerikanisch, weshalb Kitano auf beiden Seiten des Pazifiks je eine Crew beschäftigte, darunter die jungen Darsteller-Stars Claude Maki, Susumu
Terajima und Omar Epps. Kitano selbst spielt wie üblich die Hauptrolle: den Yakuza-„Offizier“ Yamamoto, der im Laufe eines Tokioter Gangsterkrieges untertauchen muss. Er beschließt, sich nach Los Angeles abzusetzen, wo sein jüngerer Bruder nicht, wie erwartet, mit dem Studieren beschäftigt ist, sondern es nur zu einem kleinen Drogendealer gebracht hat. Als Ken in Zahlungsschwierigkeiten gegenüber der örtlichen mexikanischen Mafia gerät, nimmt sich Yamamoto auf seine Weise des Problems an: Er erschießt die ganze Bande - und findet sich mitten in einem Gangsterkrieg. Zumal sich Yamamoto, Ken und dessen schwarzer Freund Denny mit dem neu gewonnenen Territorium den Zorn der Afroamerikaner-Gang zuziehen; auch die wird einer nach dem anderen eliminiert. Anschließend versucht Yamamoto zusammen mit einem konkurrierenden Yakuza als „Bruder“ eine große Gang zu gründen. Erst nach einigen Gemetzeln willigt er ein. Schließlich nimmt es Yamamoto mit den Italienern auf. Doch die erweisen sich als ein paar Nummern zu groß.
Kitanos Darstellung und Inszenierung sind unnachahmlich. In seinen Rollen sagt er kaum je ein Wort: er schweigt, oder er handelt, und das blitzschnell, meistens mit der Faust oder der Pistole. Auch hierbei verzieht er keine Mine, und dennoch hält man seine Figur nicht für kaltherzig, weil Kitano ihr immer
auch Momente des Sinnierens zubilligt, in denen sie ebenso regungslos verharrt. Kitano ist zudem ein Meister der verknappten Szenen, der Auslassungen und der absurden Situationen. Oft sind nur der Beginn oder die
Folgen einer Handlung zu sehen, manche humoristische Einlagen dafür in voller Länge. In einem Interview hat Kitano einmal bemerkt, dass er Gewalt stets so erlebt habe: selten gebe es lange Kämpfe, meistens nur einen Schlag oder einen Schuss, dann sei alles vorbei.
Bemerkenswert ist der ethnische Aspekt des Films. Indem sich die Gang nach oben schießt, erklimmt sie die sozialen Ebenen, auf denen die Ethnien in den USA angesiedelt sind. „Unten“ befinden sich die Afro- und Hispano-Amerikaner, die nur über geringen Einfluss verfügen, darüber die Japaner, deren eiserner
Zusammenhalt alten japanischen Riten folgt, und „oben“ die italienischstämmige Mafia, die paramilitärisch organisiert ist - der Kampf gegen sie wirkt im Film wie eine Kriegserklärung gegen den Staat selbst.
Kitano stellt dem Verbrechen in den USA damit eine gnadenlose und hellsichtige Diagnose aus: einerseits spiegelt sich darin die soziale Hierarchie des nicht-kriminellen Amerikas, andererseits aber auch der Grad
seiner Organisation sowie die Anbindung an den Staatsapparat sowohl in den USA als auch in den Herkunftsländern. or.