12 Winter: Fernsehfilm, der auf der authentischen Geschichte zweier Kölner Bankräuber basiert.
Gangster-Filme leben von der Faszination des Bösen: Man wünscht den Antihelden, mit ihren Verbrechen durchzukommen. Sieht man von Kunstprodukten wie „Ocean’s Eleven“ ab, ist das Genre praktisch ausgestorben. Die Ballade vom WDR ist um so mutiger.
Im Zentrum stehen zwei immens erfolgreiche Gauner, die die Polizei auch im wahren Leben viele Jahre in Atem gehalten haben. Die beiden von Jürgen Vogel und Axel Prahl zudem sehr lebensnah verkörperten Antihelden sind in gewisser Weise Ganoven alter Schule. Sie planen ihre Überfälle zwar mit akribisch recherchierter Exaktheit und der notwendigen kriminellen Energie, orientieren sich aber auch an einem ausdrücklichen Berufsethos. Natürlich hängt der feste Vorsatz, auf Gewalt zu verzichten, auch mit der im Fall einer Festnahme zu erwartenden Haftstrafe zusammen; aber es macht sie trotzdem sympathisch. Und noch einen unübersehbaren Unterschied gibt es zum Sonntagskrimi im Fernsehen: Im Gegensatz zu ihren Gegenspielern von der „Ermittlungskommission Winter“ (Wotan Wilke Möhring, Matthias Koeberlin) sind es hier die Verbrecher, die ein Privatleben haben.
Der Reiz des Films liegt allerdings in der Konzentration auf den Handlungskern. Regisseur Thomas Stiller, dessen Drehbuch auf einer Vorlage von Holger Karsten Schmidt basiert, verzichtet inhaltlich, aber auch bei der Inszenierung konsequent auf jegliche Abschweifung. Hier die Ganoven und ihre sorgfältig ausbaldowerten Coups, immer nur bei Provinzbanken und im Winter durchgeführt, um im Schutz der Dunkelheit fliehen zu können, dort die Ermittler, die jahrelang nach jungen Männern suchen, weil die Bankräuber wegen ihrer Fitness von den Zeugen stets auf „zwischen zwanzig und dreißig“ taxiert werden: Das ist die hohe Schule der Reduktion. Stiller hält sich auch gar nicht mit der sonst unvermeidlichen Konstruktion eines psychologischen Überbaus auf; beide Seiten machen ihre Arbeit, fertig.
Naturgemäß sind die Verbrecher bei diesem Katz-und-Maus-Spiel die schillernderen Figuren: der brave Ehemann (Prahl), der sein Geld eisern zusammenhält und mit Thermoskanne und Stullen zum Oberservieren erscheint, weil er für einen Lebensabend in Marokko spart; und sein lebenslustiger Knastkumpan (Vogel), der die Kohle schneller aus dem Fenster wirft, als das Duo seine Überfälle durchziehen kann.
Der Film kann sich diese „Sympathie für den Teufel“ auch deshalb leisten, weil diese Überfallserie, die zwischen 1988 und 2001 stattgefunden hat, heute gar nicht mehr möglich wäre. Eine Szene verdeutlicht das mit schöner Lakonie: Als die maskierten Gangster vor einem der observierten Geldinstitute aus dem Auto springen, müssen sie verblüfft feststellen, dass die Bank verschwunden ist; einzig ein Geldautomat erinnert an die frühere Bestimmung des Gebäudes. tpg.